„Wir sind schon lange dabei, ein ,blaues Band‘ durch die Gemeinde zu legen und Fließgewässer in ihre natürlichen Räume zurückzubringen“, sagte Bürgermeister Andreas Schulz. „Das ist der Gemeinde ein hohes Anliegen.“ Dazu benötigt die Gemeinde Flächen in den Uferbereichen der Zwester-Ohm, des Rülfbachs und des Marienbachs.
Unterstützung bekomme der Ebsdorfergrund bei einem aktuellen Projekt vom Regierungspräsidium Gießen und der Flurbereinigung des Amts für Bodenmanagement. „Das RP hat ein Förderprogramm aufgelegt, dass wir gerne nutzen“, erklärt der Rathauschef. Die Flurbereinigung unterstütze beim Ankauf der benötigten Flächen.
Konkret soll das RP diesmal beim Ankauf von 2,7 Hektar Land bei Wittelsberg und Rauischholzhausen finanziell behilflich sein. Die Gemeinde hat jüngst einen Förderantrag gestellt und hofft auf 75 bis 95 Prozent Förderung der Gesamtkosten von rund 60.000 Euro. „Enthalten sind darin die Kosten für den Ankauf, die Vermessung und die Markierungen“, erklärt Ebsdorfergrunds Bauamtsleiterin Anke Schmidt. Bei Renaturierungsprojekten in Ebsdorf und Hachborn lag die Förderung bei 90 Prozent. Darauf hofft Andreas Schulz auch jetzt wieder.
Das Amt für Bodenmanagement übernimmt im Rahmen der Flurbereinigung den Ankauf von Land, die Verhandlung mit Eigentümern und die Neuordnung, erklärt Walter Busch vom Bereich Flurbereinigung und Bodenordnung. Wegen der Ortsumgehung L3048 läuft bei Wittelsberg und Rauischholzhausen aktuell eine umfassende Vermessung und anschließende Neuordnung der dortigen Flächen. Im gesamten Bereich verhandelt das Amt nun mit Eigentümern, um so insgesamt 2,7 Hektar Fläche für die Gemeindeverwaltung anzukaufen.
„Anschließend werden diese angekauften Flächen im Eigentum dahin transferiert, wo sie benötigt werden: An die Ufer der Gewässer“, führt Busch aus. Die Flurbereinigung macht es der Gemeinde also einfacher, an die konkret benötigten Flächen zu gelangen. „Ohne das Verfahren ist es sehr schwer, an alle Flächen zu kommen“, so Andreas Schulz. Im Bereich gibt es 500 verschiedene Eigentümer, mit denen Gespräche geführt werden müssten. „Daher ist es einie glückliche Fügung, dass hier aktuell die Flurbereinigung läuft und es das Förderprogramm gibt.
“ Es sei ein passendes Zeitfenster, um Synergieeffekte zu nutzen. „Wir machen das aber nicht nur, weil der Zeitpunkt gut passt. Wir investieren aus Überzeugung in den Gewässerschutz“, betont der Bürgermeister.
Bis 2020 soll die Flurneuordnung abgeschlossen und die Gemeinde im Besitz der Uferransstreifen und Aueflächen in Gewässernähe sein. „Dann werden wir Schritt für Schritt die Vorschläge zur Verbesserung der Gewässerqualität umsetzen, die das RP uns gemacht hat“, so Andreas Schulz. Davon verspricht der Bürgermeister sich nicht nur einen besseren Hochwasserschutz, sondern auch eine höhere Gewässerqualität und damit Lebensräume für Kleinstlebewesen, Fische und Pflanzen. „Es sind Lebensräume, die die Natur zurückerhält.“
Raum für Jungfische am Rülfbach
Am Rülfbach in Rauischholzhausen soll in Ortsrandlage etwa ein terrassiertes Ufer entstehen. So werden laut Herbert Diehl vom RP weiche Übergänge zwischen Wasser und Land geschaffen. In den dortigen Flachwasserzonen fühlen sich nicht nur Amphibien wohl, auch Jungfische entwickeln sich dort. „Dort könnte die Gemeinde etwa Wurzelstücke einbauen. Das Totholz eignet sich hervorragend für Fischunterstände“, erklärt Diehl. Besonders wohl fühle sich in solchen Wasserwechselbereichen auch die Libelle – das Wappentier der Gemeinde Ebsdorfergrund.
Uferrandstreifen dienen laut Diehl aber auch dazu, den Gewässern Entwicklungsraum zu lassen. Bei Hochwasser ströme das Wasser nicht nur vorbei, sondern könne sich ausbreiten, wenn es den Raum dafür bekomme. Außerdem werden durch natürliche Uferrandstreifen die Nährstoffe abgefangen, die die Landwirtschaft einbringt. So gelangen diese nicht ins Wasser und beeinflussen die Gewässer weniger.
„Es ist eine Reihe an Projekten, die sich aufreihen, wie Perlen auf einer Schnur“, erklärt Diehl. Zusammen tragen sie alle dazu bei, letztlich das Ziel der Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen.
Diese Wasserrahmenrichtlinie gibt es bereits seit Dezember 2000 in Hessen. Sie dient dazu, einen guten ökologischen Zustand der Gewässer zu erreichen und zu erhalten.
Bis 2021 – spätestens aber bis 2027 – soll diese Richtlinie umgesetzt sein, wie Diehl ausführt. Derzeit arbeiten Kommunen und das Land Hessen in Kooperation daran, verantwortlich sind aber die Kommunen – mit Förderungen und Projektideen hilft das Land. „Anordnungen von oben sind bislang nicht geplant, können aber eine Möglichkeit sein, wenn der gewünschte Zustand der Gewässer nicht erreicht wird“, sagt Diehl.
In Hessen gibt es mehr als 400 Wasserkörper, drei davon im Ebsdorfergrund. „Bei etwa 80 Prozent der Wasserkörper besteht Handlungsbedarf“, erklärt der Fachmann. Bewertet wurde die Gewässerqualität nach einer Bestandaufnahme der darin lebenden Lebewesen. „Die Verbesserung deren Lebensraums ist eine Stellschraube zur Verbesserung der Gewässerstruktur.“
Dabei müssen laut Diehl nicht alle Abschnitte eines Gewässers in optimalen Zustand gebracht werden. „Aber große Bereiche in gutem Zustand strahlen in versaute Bereiche aus. Daher müssen wir nicht überall renaturieren.“
Laut Andreas Schulz habe die Gemeinde bereits 80 bis 90 Prozent der Ziele für ihre drei Gewässerläufe erreicht. Diehl vom RP bestätigt dem Bürgermeister, dass Ebsdorfergrund im Vergleich zu anderen Kommunen sehr gut im Rennen liege und viel umgesetzt habe.