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Vor 100 Jahren wurden dort Kinder unterrichtet, lernten lesen und schreiben. Heute treffen sich Familien, Senioren, Kinder dort und feiern zusammen. Die Alte Schule in Rauischholzhausen ist wieder mit Leben gefüllt. Sie ist wieder ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, lernen, spielen, feiern und lachen. Und das soll noch eine ganze Weile so bleiben. Deshalb will die Dorfgemeinschaft das Gebäude und das zugehörige etwa 700 Quadratmeter große Grundstück von der Gemeinde kaufen – für einen symbolischen Preis von einem Euro.

Der Verkauf stand schon lange Fest. Zum Glück für die Dorfgemeinschaft hatte die Gemeinde doch viele Jahre keinen Käufer gefunden. „Der Gemeindevorstand hat schon vor mehr als zehn Jahren entschieden, dass wir die bestehenden Bürgerhäuser, Dorfgemeinschaftshäuser und Mehrzweckhallen erhalten wollen“, erklärt Bürgermeister Andreas Schulz. Bis auf Ilschhausen haben alle Ortsteile der Gemeinde ein solches öffentliches Gebäude für das Dorf. Nur in Rauischholzhausen gab es mit der Alten Schule und der Mehrzweckhalle gleich zwei Gebäude für die Bürger. Die Mehrzweckhalle wurde bereits in den 1990er Jahren erweitert um einen kleinen Saal und durch den Sportverein für deren Umkleiden. 2011 wurde es für hunderttausende Euro rund erneuert. „Deswegen haben wir 2007 beschlossen, uns von der Alten Schule zu trennen“, so Schulz. „Zwei Bürgerhäuser sind einfach eins zu viel für die Gemeinde!“

Der Verkauf scheiterte laut Andreas Schulz dann allerdings an der Finanzkrise 2007/2008. „Die Bausubstanz ist laut einem Gutachten auch nicht so gut. Es gibt Investitionsbedarf.“ Was also tun mit dem Gebäude, in dem der Jugendclub und das Bürgerbüro untergebracht sind?

Die Dorfgemeinschaft hatte da eine Lösung: Sie gründete sich 2011 neu, schloss 2012 einen Pachtvertrag mit der Gemeinde und kümmert sich seither um das alte Gebäude. „Die Mitglieder haben sich seitdem in das Gebäude verliebt“, erklärt der Bürgermeister. So sei die Entscheidung gereift, das historische Fachwerkhaus kaufen zu wollen – um die Zukunft zu sichern und es weiter mit Leben zu füllen.

„Außerdem setzt es doch ganz neue Kräfte bei uns frei, wenn wir nun etwas an einem Gebäude machen, das auch uns gehört“, erklärt die Vorsitzende Annemarie Duske. Denn Ideen zur Umgestaltung der Räume gebe es viele.

Doch weil der Verein bisher nur Mieter und kein Eigentümer war, seien ihm auch die Hände gebunden gewesen. „Wir haben das Außengelände herausgeputzt und mit Rosen bepflanzt“, erklären die Mitglieder. „Das kostet Geld und man weiß ja nicht, wie lange man es nutzen darf.“

„Das Gebäude bleibt in der Hand der Bürger“

Seit einigen Monaten führen der Vereinsvorstand und der Gemeindevorstand daher nun schon Gespräche darüber, wie der Verein Eigentümer werden kann. Eine Lösung ist nun gefunden, Ortsbeirat und Gemeindevertretung müssen nur noch zustimmen, wie Bürgermeister Andreas Schulz ausführt. Zum 1. Januar 2018 soll der Verein das Gebäude dann für einen Euro kaufen können. „Es ist unter Wert. Aber das sollte es der Gemeinde wert sein“, so der Rathauschef. „Denn dadurch bleibt das Gebäude erhalten und es bleibt in der Hand der Bürger, die hier Aktivitäten für das ganze Dorf anbieten.“

Der Ortsvorsteher als Leiter des Bürgerbüros und der Jugendclub werden in der Schule bleiben – die Gemeinde wird Mieter bei der Dorfgemeinschaft für zehn Jahre. Die Mieteinnahmen sollen die laufenden Kosten für das Gebäude zum größten Teil decken, erklärt Duske die Hoffnung des Vorstands. Außerdem beteiligt die Gemeinde sich an nötigen Sanierungen zum Erhalt des Gebäudes mit 15 Prozent nach Abzug von Fördermitteln Dritter. Wichtiger Zusatz: Löst der Verein sich auf, fällt das Gebäude zurück an die Gemeinde. Auch darf der Verein es nicht innerhalb der nächsten zehn Jahre weiterverkaufen. Die Mitglieder des Vereins haben dem Kauf schon einstimmig zugestimmt. Auch Ortsvorsteher Helmut Vogler steht dem Bürgerprojekt aufgeschlossen gegenüber.

„Das Angebot, die Alte Schule zu kaufen, stand schon 2011 bei unserer Gründung“, erklärt Annemarie Duske. Das sei dem jungen Verein aber noch zu heikel gewesen. Nun sei er stabil, habe sich gefunden – und traue sich die eigene Immobilie zu. „Die Alte Schule stellt den Mittelpunkt des Ortes dar. Das gibt uns die Möglichkeit, uns zu treffen und Dorfgemeinschaft zu erleben.“

Ungezwungen und oft kurzfristig kämen die Mitglieder zusammen. An der neuen Bank säße man fast nie alleine, oft werde spontan zusammen gegrillt. Und Silvester treffe sich die Dorfgemeinschaft schon seit einigen Jahren zum Jahreswechsel an dem Haus, das vermutlich zwischen 1903 und 1905 errichtet wurde.

Einige feste Veranstaltungen gibt es in der Alten Schule schon: Ältere Rauischholzhäuser treffen sich zum Gedächtnistraining, im Winter gäbe es Doppelkopf-Abende, fest eingeplant sind schon das Maifest, das Sommerfest und das Treffen an Silvester. Auch Kino-Abende und gemeinsames Tatort-Schauen habe es schon gegeben. Außerdem plant der Verein weitere feste Angebote, etwa für die Jugendlichen. Das biete sich an, weil der Jugendclub unter demselben Dach ist. Zudem kann die Alte Schule für private Feiern angemietet werden.

Sommerfest am 19. August

Ortsvorsteher Helmut Vogler ist froh, dass die Alte Schule in Vereinshand übergehen soll. „Das Gebäude wird erhalten und auch das Bürger- und Wahlbüro kann hier bleiben“, sagt er.

Gefeiert wird auch am Wochenende in der Alten Schule: Der Verein lädt am 19. August zum Sommerfest ein. Es gibt Livemusik, ein Kinderprogramm und Verpflegung. „Wir wollen Menschen hier zusammenbringen“, erklärt der Vorstand.

Mit Feiern, Veranstaltungen, Spenden, Muskelkraft und Sponsoring will der Verein in den nächsten Jahren auch einiges bewegen. „Das Gebäude ist nicht in einem Zustand, dass es uns über dem Kopf zusammenfällt“, so Annemarie Duske. „Aber es muss einiges getan werden.“ Der Regenschutz auf der Wetterseite müsse verbessert werden, verfaulte Balken im Lager erneuert werden. Auch die Toiletten sollen saniert werden.

„Da gibt es eine ganze Reihe an Kleinigkeiten. Aber jetzt ist es Unseres. Da gilt es, dran zu bleiben.“

Unterstützung seitens der Gemeinde verspricht Andreas Schulz weiterhin, auch wenn das Parlament am 04. September dem Verkauf zustimmt. „Wir helfen, Förderungen einzuwerben und wir helfen mit unserem Fachwissen.“ Auch der Denkmalschutz habe dem Verein schon Unterstützung zugesagt. Gute Voraussetzungen also, um das historische Gebäude im Ortskern weiter mit Leben und Lachen zu füllen.

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