Der Radweg von Heskem nach Beltershausen endet auf halber Strecke. Dann geht der asphaltierte Radweg in eine Schotterstrecke über, die auf rund 800 Metern nach Beltershausen führt. Und auch von Beltershausen aus geht es für Radfahrer nicht mehr weiter: Ein Lückenschluss über Hof Capelle bis zum Landratsamt steht noch aus, um diesen Teil des Ebsdorfergrunds an Marburg anzuschließen. Für den Radwegebau an dieser Stelle ist das Land Hessen zuständig – denn derjenige, dem die angrenzende Straße gehört, ist der Baulastträger für die Radstrecken.
„Eigentlich hatte das Land uns zugesagt, in diesem Jahr den Radweg bis zum Hof Capelle auszubauen“, erklärt Bürgermeister Andreas Schulz. Im nächsten Jahr solle dann der Anschluss an Marburg umgesetzt werden. Allerdings kam nun eines heraus: „Das Land hat offenbar schlichtweg vergessen, Geld für die Umsetzung in diesem Jahr im Haushalt einzustellen“, so Schulz. Kein Geld im Haushalt, keine Möglichkeit zu bauen – eigentlich. „Wir haben schon länger auf das Land eingewirkt, endlich eine Radwegeverbindung zu Marburg herzustellen“, sagt der Bürgermeister. Es handele sich dabei um 3,3 Kilometer Strecke. Und zumindest auf dem Gemeindegebiet stehen Trassen bereits zur Verfügung und auch Baurecht besteht. „Damit der erste Dominostein für die Verbindung nach Marburg also trotzdem fällt und wir nicht noch länger warten müssen, übernimmt die Gemeinde den Bau.“ Über eine sogenannte Verwaltungsvereinbarung wird Ebsdorfergrund selbst nun Bauherr, übernimmt die Planung, die Ausschreibung und die Vergabe des Radwegebaus – und stellt dafür im nächsten Jahr eine Rechnung an das Land Hessen. Der Vorteil des Arrangements: Die Gemeinde kann in diesem Jahr noch mit dem Bau beginnen. Laut Harald Bausch vom Bauamt der Gemeinde soll möglichst noch im Oktober damit begonnen werden. „Der Bau wird etwa sechs Wochen dauern und sollte damit auch 2017 noch abgeschlossen werden können.“
Die Gesamtkosten für den Radwegebau von Heskem bis Hof Capelle belaufen sich laut dem beauftragten Ingenieur Walter Grohmann auf 350.000 Euro. Davon werde das Land rund 235.000 Euro tragen, die Gemeinde 115.000 Euro. „Als Bauherr können wir nicht nur in diesem Jahr beginnen, sondern auch etwas mehr machen, als für den Bau eines reinen Radwegs nötig ist und vom Land bezahlt wird“, erklärt Schulz. Auch der Landwirtschaft solle mit dem Wegebau geholfen werden. So werde die Strecke von der Einfahrt an der Landesstraße zwischen Heskem und Beltershausen aus nicht auf 2,5 Metern ausgebaut, sondern auf drei Metern – mit Frostschutz, Trag- und Deckschicht, wie Grohmann ausführt. So könne die asphaltierte Strecke auch von schweren Landmaschinen genutzt werden. Das gleiche gilt für die rund einen Kilometer lange Strecke vom Beltershäuser Friedhof bis zum Hof Capelle: Der frühere Wirtschaftsweg wird ebenfalls mit tragfähigen Schichten aufgebaut und zusätzlich auf der Breite von rund fünf Metern erhalten. „Wenn wir das jetzt selbst machen, laufen wir keine Gefahr, dass das Land im nächsten Jahr wieder vergisst, Geld bereitzustellen“, erklärt der Bürgermeister.
Schulz geht dennoch davon aus, dass das Land seine Zusage einhält und im nächsten Jahr den Radweg von Hof Capelle bis zum Landratsamt vollendet. Dafür müssten aber noch einige Vorarbeiten mehr geleistet werden: „Dort gibt es noch kein Baurecht und es stehen auch keine Trassen bereit“, sagt der Bürgermeister.
Den Lückenschluss nach Marburg sieht Schulz übrigens als kleinen Teil eines viel größeren Ganzen: Er bringt nicht nur die Anbindung zwischen der Stadt und der Gemeinde, sondern lässt auch eine Anbindung bis in den Vogelsberg in greifbare Nähe rücken: „Wir fordern seit Jahren vom Land die Radwegeanbindung von Heskem nach Mölln und dann weiter von Dreihausen über Roßberg nach Wermertshausen“, so der Rathauschef. Diese Verbindung sei für die Einwohner der Ortsteile sehr wichtig – für das Land aber nachrrangig. Hessen habe das Anliegen bereits mehrfach abgelehnt. „Sie haben aber die viel größere, übergeordnete Bedeutung noch nicht erkannt.“ Mit wenigen fehlenden Teilstücken könnte ein Radschnellweg von Marburg bis in den Vogelsberg geschaffen werden. Denn Wermertshausen wurde bereits vor einigen Jahren an die Rabenau im Nachbarkreis mit einem Radweg angeschlossen. „Ich glaube, damit habe ich im Sommer gute Argumente. Da wird das Verkehrsministerium nicht anders können, als diesen Lückenschluss mitzuplanen“, erklärt Andreas Schulz. Seine Mithilfe bietet der Bürgermeister auch an: Sollte das Land Baurecht schaffen, wäre die Gemeinde bereit – ebenso wie jetzt zwischen Heskem und Beltershausen – wieder die Bauherrschaft zu übernehmen und das Projekt selbst umzusetzen. „Wir helfen dem Land gerne – nicht nur beim Bau der Ortsumgehung Heskem, sondern auch, wenn es um unsere Radwege geht“, betont Schulz.
In den vergangenen zehn Jahren hat die Gemeinde zwölf Radwege verwirklicht. Mit dieser letzten Verbindung von Beltershausen bis letztlich hin nach Wermertshausen ist das Radwegenetz in der Gemeinde komplett. „Andere geben viel Geld für Radverkehrspläne aus. Wir bauen die Radwege einfach“, sagt Schulz.