Ebsdorfergrund sitzt auf einem See aus Trinkwasser
Wie wäre es, wenn die Gemeinde Ebsdorfergrund die Wasserversorgung für alle Dörfer gewährleisten könnte?
Wie wäre es, wenn das Wassernetz von Hachborn und Wittelsberg nicht mehr dem Zweckverband Mittelhessische Wasserwerke (ZMW) gehört, sondern der Gemeinde?
Wie wäre es, wenn man sich sicher sein könnte, immer absolut hochwertiges Trinkwasser zu haben und dies in unermesslicher Menge?
Wie wäre es wenn die Gemeinde kein Wasser mehr beim ZMW für die Dörfer Beltershausen-Frauenberg, Heskem-Mölln und Ebsdorf zukaufen müsste?
Wie wäre es, wenn dieses Trinkwasser direkt aus dem Herzen der Gemeinde käme?
Wie wäre es, wenn dieses Wasserwerk sogar andere Gemeinden oder die Stadt Marburg mit Wasser versorgen würde?
Das ist schwer vorstellbar und fast schon ein bisschen vermessen, aber ganz und gar nicht utopisch.
Bürgermeister Andreas Schulz befasst sich schon seit geraumer Zeit mit diesen Gedanken, denn die Gemeinde Ebsdorfergrund hat tatsächlich einen „Trinkwasserschatz“ unter den Teichwiesen in Heskem-Mölln.
Das ist dort, wo das Schilf wächst, linker Hand an der Umgehungsstraße zwischen Heskem und Wittelsberg.
Mit dem Geologen Folke Diederich vom Büro GFM envigne GmbH ist Bürgermeister Andreas Schulz das Thema bereits angegangen. In einem Pressegespräch erklärte der Fachmann, dass sich das Trinkwasser als unterirdische Gewässerlandschaft in etwa 200 bis 250 Metern Tiefe unter zahlreichen wasserundurchlässigen Sedimentschichten befinde. „Geologisch zählt das Gebiet zur hessischen Senke, dort hat Europa vor etwa 20 Millionen Jahren versucht auseinander zu driften“, so der Experte. So lange liegt auch die Entstehung des Trinkwasservorkommens zurück. Die Seenlandschaft im Gebiet Teichwiesen habe dort vor wenigen 10000 Jahren existiert, erklärte Diederich.
Rhein-Main-Gebiet saugt Trinkwasser ab
Bürgermeister Andreas Schulz ist sich jetzt schon ziemlich sicher, dass er die Förderung des Wasservorkommens als zukunftsweisenden Schritt für die Gemeinde in Angriff nehmen will. Insgesamt werden in Ebsdorfergrund jährlich 420.000 Kubikmeter Trinkwasser verbraucht. Die Hälfte davon wird aus drei eigenen Brunnen, in Rauischholzhausen, Dreihausen und Wermertshausen gefördert. Dazu kommt noch eine Quelle in Ilschhausen.
Die andere Hälfe steuert der ZMW für die Dörfer Beltershausen-Frauenberg, Heskem-Mölln und Ebsdorf bei. In den Orten Hachborn und Wittelsberg gehören dem Verband sogar das Wassernetz, sie wurden vor der Gebietsreform dorthin verkauft. Mit der Wasserversorgung durch den ZMW könne es einmal knapp werden, meinte Andreas Schulz. Denn der Verband hat mit dem Rhein-Main-Gebiet, das einen immens gestiegenen Wasserverbrauch hat, ein Abkommen getroffen. Zwei bis fünf Millionen Kubikmeter Wasser sollen jährlich dorthin abgegeben werden. Beim Wasserverbrauch von Marburg sieht der Bürgermeister ebenfalls Engpasse durch die weitere gewerbliche Entwicklung der Nachfolgefirmen der Behringwerke. Auch für sie reiche das derzeitige Wasserangebot nicht aus, so die Einschätzung.
Daseinsvorsorge für die nächsten 100 Jahre
Aufgrund dieser Abflüsse sieht sich Andreas Schulz nahezu in der Pflicht, sich diesem „großen und wichtigen“ Thema anzunehmen, bevor das Wasser von anderen „abgegraben“ wird. „Der Kampf ums Wasser wird auch hier irgendwann Thema sein“, betonte der Verwaltungschef. Ihm schwebt vor, nicht nur die eigene Gemeinde zu 100 Prozent, sondern möglicherweise auch Marburg mit Wasser zu beliefern. Ebsdorfergrund hat Erfahrung und Erfolg darin die Daseinsvorsorge selbst in die Hand zu nehmen. „Es lohnt sich auf eine dezentrale Versorgung zu setzen, das ist wirtschaftlich und gewinnbringend für die Gemeinde“, hob Andreas Schulz hervor, der dies jährlich mit seinem Haushalt unter Beweis stellt.
Mit Müll, Wasser, Abwasser und dem Kauf des Stromnetzes schreibt die Gemeinde bereits eine Erfolgsgeschichte und vor dem Bau eines Tiefenbrunnens ist dem Bürgermeister auch keine Angst. Ein solches Projekt hat die Gemeinde bereits vor Jahren in Rauischholzhausen umgesetzt. „Zudem verfügen wir mit unserem Fachdienstleiter für die Wasserversorgung B.Eng. Stanislaw Kurilenko über hochqualifiziertes Personal“, erklärte der Verwaltungschef selbstbewusst. Überdies liegt das Wasservorkommen in unmittelbarer Nachbarschaft dem Servicehof sozusagen zu Füßen. Auf der Agenda des Bürgermeisters steht als nächster Schritt ein Gespräch mit dem Regierungspräsidenten. „Das ist kein kleines Rad, das wir mit der Schaffung eines GrundWasser-Werks drehen wollen, so Andreas Schulz, der bis 2028 das Projekt abgearbeitet haben will und dann die Gemeinde für die nächsten 100 Jahre in Sachen Trinkwasser gerüstet sieht.